Ist das kreislauffähig oder muss das weg?

29.9.2025

Was braucht es, um Baumaterialien erfolgreich in die Recyclingsysteme zurückzuführen? Und welches Engagement wurde bereits unternommen? Wir haben Planerinnen und Hersteller gefragt.

Lesen Sie hier die Antworten:

Erfahrungen und Wünsche von Herstellfirmen

Unter den Befragten sind Rigips, Saint-Gobain ISOVER, Sika und James Hardie – allesamt Herstellfirmen von Produkten, die mit dem Bauprodukte-Label von ecobau zertifiziert sind. Wir haben die Antworten zusammengefasst und ergänzt.

Die Umfrage zeigt: In den letzten Jahren wurden zum Teil grosse Anstrengungen unternommen, um funktionierende Rücknahmesysteme aufzubauen und Recycling in der Praxis umzusetzen, doch es gibt noch Knackpunkte zu lösen.

1. Engagement und Investitionen

  • Investitionen und Technologie: Einige Herstellfirmen haben frühzeitig in Recyclinganlagen investiert und setzen auf technisch anspruchsvolle Prozesse, um hochwertige Rezyklate zu gewinnen. Andere haben in letzter Zeit grosse Investitionen getätigt oder verbessern aktuell die Kommunikation, um die Nutzung bestehender Rücknahmesysteme zu erhöhen.
  • Logistik und Planungssicherheit: Für einige lag die grösste Arbeit in der Konzeption einer praktikablen Logistik, der Auswahl geeigneter Gebinde und der Organisation von Transport und Zwischenlagerung. Herausfordernd  sei es auch, Rücklaufmengen und Zeitachsen verlässlich zu prognostizieren.

2. Es braucht ein Umdenken auf der Baustelle - Herausforderungen bei der Einführung

  • Baustellenrealität: Alle Herstellfirmen berichten, dass sortenreine Sammlung auf Baustellen der Knackpunkt ist. Ohne konsequente Trennung funktioniert aus ihrer Sicht das Recycling nicht.
  • Umdenken: Die Unternehmer, welche den Rückbau auf der Baustelle verantworten, sind gefordert, ihre Prozesse anzupassen und Mitarbeitende zu informieren. Dies bedeutet für sie einen Mehraufwand, zusätzliche Kosten und Unsicherheit bei der Handhabung der Materialien.

3. Umsetzungsdefizit von Gesetzen und Normen und fehlenden Anreizen

  • Ausschreibung: Recycling fordert einen kontrollierten Rückbau. Die Ausschreibung muss diese neuen Anforderungen berücksichtigen. Trotz gesetzlichen Vorgaben (VVEA) und SIA-Norm 430 ist die Umsetzung in der Praxis noch zu wenig angekommen. Diese Anforderungen werden in den Ausschreibungen noch ungenügend integriert.
  • Finanzielle Anreize: Nebst einem noch unvollständigen Vollzug der Gesetze fehlt auch der finanzielle Anreiz, Materialien im Kreislauf zu halten, statt sie auf die «günstige» Deponie zu entsorgen.

Wir bedanken uns bei den Herstellfirmen für Ihre Rückmeldungen und Ihr Engagement!

 

Erfahrungen und Wünsche von Planenden

Sébastien Piguet ist Co-Direktor des Ingenieurbüros le Bird Partner, Mitglied der SIA-Kommission für Nachhaltigkeit im Bauwesen (KNU) und beteiligt an der SIA 430 zur Vermeidung und Entsorgung von Bauabfällen.

«Theoretisch findet sich die beste Lösung für das Recycling von Baumaterialien bei den Herstellfirmen: Sie kennen ihre Materialen am besten und verfügen über technische und wirtschaftliche Absatzmärkte, um Materialien vollständig zu recyceln. Aus diesem Grund wurden in der Schweiz seit den 90er-Jahren mehrere selektive Separatsammlungen geschaffen: Dämmstoffe, Gipsprodukte, Abdichtungen, Bodenbeläge usw.

In der Praxis können diese Recyclingangebote jedoch zahlreiche Bedingungen beinhalten, die von den Herstellerinnen und/oder ihren Zwischenhändlern gestellt werden:  wie z.B. saubere und homogene Abfälle oder nur von der Marke der Herstellfirma, nur neue Verschnitte, intakte Recyclingsäcke, trocken gelagerte Abfälle ohne Kondensationsspuren usw. So ist es beispielsweise nicht möglich, Dämmstoffreste mit aufgeklebter Aluminium-Dampfsperre zurückzugeben, obwohl diese im Sortiment einiger Herstellfirmen enthalten sind.

Problematischer ist, dass Rückbauabfälle fast nie sauber genug sind, um in den Recyclingprozess der Herstellfirmen aufgenommen zu werden: Spuren von Klebstoffen, Putz und andere für die Verlegung empfohlene Komponenten sind unerwünscht. Der Abbruch macht jedoch den grössten Teil der Baustellenabfälle aus.

All diese Bedingungen, insbesondere die «Nulltoleranz» gegenüber Verunreinigungen und Verschmutzungen, machen das Recycling von Bauabfällen in der Praxis schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Um das Recyclingpotenzial zu erhöhen, wäre eine Erleichterung der Anforderungen an die Qualität der akzeptierten Abfälle ein wirksamer Ansatz. Dies würde zusätzliche Anstrengungen seitens der Herstellfirmen erfordern, um ihre Vorbehandlungsprozesse für die gesammelten Abfälle zu verbessern. Die Zunahme der Vorbehandlungsschritte ist jedoch ein grundlegender Trend, der in der gesamten Recyclingbranche zu beobachten ist. Und es scheint schwierig zu sein, dies zu vermeiden, wenn man sich wirklich einer Kreislaufwirtschaft annähern will.»

Was meinen Sie dazu?

Welche Erfahrungen haben Sie mit der Rückführung von Baumaterialien? Teilen Sie Frust und Freude, gute Beispiel und kreative Lösungen.

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Lassen Sie uns voneinander lernen und die Kreislaufwirtschaft gemeinsam voranbringen!